Neben der Psychoanalyse, der
Gesprächstherapie und der Verhaltenstherapie
zählt die Gestalttherapie heute zu den am weitesten
verbreiteten psychotherapeutischen Verfahren. Gestalttherapie
wird in Kliniken, psychiatrischen Einrichtungen,
in Praxen und in Beratungsstellen erfolgreich eingesetzt.
Auch in der Pädagogik, in der Organisationsberatung
und in Musik- und Kunsttherapie wird vielfach nach
dem Gestalt-Ansatz gearbeitet.
Die Gestalttherapie wurde in den fünfziger
Jahren in den USA von dem Psychoanalytiker Fritz
Perls und seiner Frau Laura entwickelt – gedacht
zugleich als Gegenentwurf und Weiterentwicklung
der Psychoanalyse.
Besonderheiten
Als Gestalttherapeutin weist meine Arbeitsweise einige Besonderheiten auf, die sie von anderen psychotherapeutischen Verfahren unterscheiden. Hier ein paar der wichtigsten Aspekte:
Gestalttherapeuten
sind aktive Gesprächspartner
Die Psychotherapeuten in Kinofilmen
verhalten sich meistens distanziert. Sie stellen
ihren Klienten Fragen und ermuntern sie zum Reden.
Doch niemals äußern sie eine persönliche
Meinung oder geben einen Rat.
In der Gestalttherapie ist das anders: hier sitzt
Ihnen der Therapeut nicht nur als Therapeut sondern
auch als Mensch gegenüber. Sie können
ihn fragen und dürfen Antworten erwarten. Gestalttherapeuten
sind aktive Gesprächspartner.
Dabei verhält sich ein Gestalttherapeut nicht
immer nur mitfühlend und bestätigend.
Sofern dies dem Therapiefortschritt – also
Ihnen! – dient, wird er gelegentlich auch,
immer aus einer Position des Wohlwollens heraus,
konfrontieren und Stellung beziehen. Im Moment mag
sich das für Sie als Klienten nicht gerade
angenehm anfühlen, aber oft sind es gerade
diese Interventionen, die Ihnen den größten
Fortschritt in der Therapie bringen.
Interaktion auf gleicher
Augenhöhe
Im Kinofilm wird gern der auf
der Couch liegende und über früheste Kindheitserinnerungen
sprechenden Patient gezeigt, und hinter der Couch
sitzt der Therapeut als überlegene Figur im
Lichtkegel einer Stehlampe, wo er, für den
Patienten unsichtbar, Fragen stellt und Notizen
schreibt.
Die Therapie in meiner Praxis sieht ganz anders
aus: Ich sitze meinem Klienten gegenüber und
kommuniziere auf gleicher Augenhöhe. Gestalttherapeuten
sind Experten für hilfreiche Interaktion, sehen
sich aber nicht als Autoritäten.
Gestalttherapeuten
verzichtet auf Kategorisierungen
Gestalttherapie kommt ohne Schubladen
und Kategorisierung aus. Diagnosen wie „Ödipuskomplex“
oder „Penisneid“ kennen wir nicht. Die
Deutungen eines Gestalttherapeuten haben keinen
dogmatischen Charakter, sondern sind Vorschläge
und Denkanstöße.
Gestalttherapeuten sprechen nicht von „Patienten“
sondern von „Klienten“, denn wir bewerten
individuelles Verhalten oder Empfinden nicht als
„richtig“ oder „falsch“,
„gesund“ oder „krank“. Wir
erforschen stattdessen, ob ein Verhalten vor dem
Hintergrund der aktuellen Lebenssituation eines
Klienten für ihn sinnvoll ist oder nicht.
Verschiedene psychotherapeutische
Verfahren sehen die Ursachen von aktuellen Störungen
in frühkindlichen Ur-Erlebnissen. Der Klient
soll sich zurückversetzen und dann die Erinnerungen
analysieren, weil – so die Idee - Erkenntnis
Heilung bewirkt.
Die Gestalttherapie verfolgt einen anderen Ansatz.
Sie sieht den Menschen als ein Wesen, das ständig
im Austausch und in dauernder Interaktion mit sich
selbst, anderen Menschen und der Umwelt steht. Wenn
dieser sogenannte „Kontaktprozess“ irgendwo
gestört ist, kommt es zu Problemen. Es entstehen
z.B. Fixierungen und Blockaden, die sich mit der
Zeit verfestigen, bis diese Störungen schließlich
das Leben eines Menschen immer mehr bestimmen, ihm
also seine Autonomie rauben.
Aufgabe der Gestalttherapie ist es, diesen „Kontaktstörungen“
auf die Spur zu kommen und sie zu lösen, in
dem man sie in der Therapiesituation absichtlich
und intensiv erlebt. Durch dieses Erleben erfährt,
entdeckt und nutzt der Klient seine schlummernden
Potenziale, er wächst und gewinnt seine Autonomie
zurück.
Wie „funktioniert“
Gestalttherapie?
Ziel jeder Psychotherapie ist
Veränderung – Veränderung zum Besseren.
Doch wie kann diese Veränderung bewirkt werden?
In der Gestalttherapie gilt es zuerst einmal, den
Ist-Zustand so intensiv wie möglich zu erleben.
Als Gestalttherapeutin sehe ich ein Problem nie
isoliert, sondern arbeite mit dem „Hier und
Jetzt“ des Klienten, also seiner augenblicklichen
gesamten (!) Befindlichkeit. Das Ziel ist, dass
der Klient die vielfältigen Verknüpfungen
seines Problems mit der Gesamtheit seiner Persönlichkeit,
Lebenssituation und Vorgeschichte erlebt Und „Erleben“
ist hier das Schlüsselwort, denn es geht nicht
um eine intellektuelle Betrachtung von Problemen
oder ihre Analyse. Der Klient soll – mit meiner
Unterstützung - den verschlungenen Zusammenhängen
nachfühlen, die mit seinem Problem verwoben
sind, sie mit allen Sinnen wahrnehmen und auf vielfältige
Art ausdrücken, verbal und non-verbal.
Das Erleben aktuell bestehender Blockaden bringt
den Erkenntnisgewinn, vom dem aus der Klient, angeregt
durch den Therapeuten, einen neuen, lebendigen Kontakt
zu sich selbst und der Welt (er)finden kann.
Es ist nicht leicht, diesen Zustand des sogenannten
„Gewahrseins“ zu erreichen, weil sich
jeder Mensch unwillkürlich dagegen sträubt,
seine Blockaden zu erleben.
Aber warum tut er das eigentlich?
Bei den Blockaden handelt es sich meist um Verhaltensmuster,
die der Klient irgendwann in seinem Leben als Reaktion
auf schmerzhafte, ja traumatisierende Erfahrungen
aufgebaut hat. In ihrem damaligen Kontext waren
sie sehr nützlich, manchmal sogar lebensrettend.
Aber heute – sei es Jahrzehnte nach den Traumen
der Kindheit oder nur ein paar Wochen nach der bitteren
Enttäuschung einer unfairen Trennung - heute
ist die Situation des Klienten ganz anders. Trotzdem
verhält er sich so, als wäre er auch heute
ständig von Prügeln oder Betrug bedroht.
Die blockierenden Verhaltensmuster sind im Hier
und Jetzt unpassend und erzeugen dadurch Leid. Aber
sie lassen sich nicht ohne weiteres beseitigen,
denn bei jeder Beschäftigung mit ihnen kommen
all die schlimmen Gefühle und Erinnerungen
wieder hoch, die an ihnen kleben, und genau dieses
unangenehme Wieder-Erleben möchte man vermeiden.
„Gewahrsein“ ist also gleichzeitig der
Schlüssel zur Wiedererlangung der Autonomie
und eine schwierige Reise.
Genau hier kommt der Gestalttherapeut ins Spiel.
Mit viel Kreativität erfindet er für seinen
Klienten individuelle „Settings“ und
Experimente zur Selbsterforschung, die dem Klienten
ermöglichen, Schritt für Schritt die angestrebte
Erfahrungs-Tiefe zu erreichen.
Als Gestalttherapeutin bin ich
überzeugt, dass Veränderung erst durch
aktuelles, bewusstes Erleben des aktuellen Selbst
möglich ist. Daher sehe ich es als meine Aufgabe,
Ihnen auf vielfältige Weise zu helfen, Ihre
Blockaden aktiv zu erleben, damit Sie sich ändern
und wachsen können. Sie sollen Ihre Autonomie
(wieder)finden, oder anders ausgedrückt: „Leben
statt gelebt werden“.
In der Therapie unterstütze ich Sie aktiv,
die alten Muster zu erkennen und im Heute zu spüren.
Gleichzeitig helfe ich Ihnen, das „neue“
Hier und Heute zu erleben. So erhalten Sie eine
Chance, das belastende Erbe der Vergangenheit in
den Griff zu bekommen.
Ausgangspunkt für diesen Prozess ist die Interaktion
zwischen Klient und Therapeut in der Therapiestunde.
Sich entwickeln statt
trainiert werden
In der Gestalttherapie geht es
niemals darum, Sie und Ihr Verhalten „umzuerziehen“
oder gar „umzuprogrammieren“. Gestalttherapie
ist kein Trainingsprogramm mit vorgegebener Abfolge
und exaktem Zeitrahmen.
Im Gegenteil: Gestalttherapie ermutigt jeden Klienten,
sich eben nicht ungefragt anzupassen, sondern für
jede neue Situation jeweils eine passende Lösung
für sich zu finden, also lebendig, selbstbestimmt
und kreativ zu sein.
Therapeut und Klient arbeiten mit den Erfahrungen,
die sie während der Therapie bewusst machen
und die aufeinander aufbauen. Neue Verhaltensmuster
entwickeln Sie als Klient selbst, und Sie sind es
auch, die sie in Ihr Leben einführen.
Körpersprache
und Körperkontakt
Jeder Mensch drückt sich
auch über seinen Körper aus. Obwohl Gestalttherapie
hauptsächlich aus Gesprächen besteht,
lenkt der Therapeut die Aufmerksamkeit des Klienten
auch immer wieder auf die körperlichen Empfindungen
und die Körpersprache.
Körperkontakt zwischen Therapeut und Klient
kommt in der gestaltorientierten Einzeltherapie
gelegentlich vor, wird aber immer vorher abgesprochen
(z.B. beim Trösten).
Therapie mit Raum
für Innovation, Spontanes und Spielerisches
Gestalttherapie bietet einen Rahmen, presst Sie aber in kein steifes Behandlungs-Schema. Dogmatik ist der Gestalttherapie wesensfremd. Als Ihre Gestalttherapeutin erfinde ich ständig neue Interventionen, die in dem Moment auf Sie und Ihre Situation abgestimmt sind. Kreativität und ein spielerisches Moment in der Therapie machen es Ihnen leichter, Zugang zur eigenen Kreativität zu finden und sich zu entfalten. Ich bin davon überzeugt, dass in jedem Menschen verschüttetes Potenzial nur darauf wartet, (wieder)entdeckt zu werden.
Religion, Spiritualität
und Esoterik
Gestalttherapie ist weder eine
Religion noch eine spirituelle Richtung oder eine
esoterische Behandlungsform. Welche Bedeutung Religion
oder Spiritualität für Sie persönlich
besitzt, kann ein Thema in der Therapie sein. Die
Gestalttherapie bringt selbst kein spirituelles
oder esoterisches Weltbild mit – wohl aber
ein humanistisch-philosophisches.
Spirituell orientierte Menschen entdecken im Rahmen
einer Gestalttherapie mitunter neue, lebendige Aspekte
ihrer Religiosität oder Spiritualität,
ganz gleich welchem Glauben sie anhängen. Klienten
ohne spirituelle oder religiöse Ausrichtung
können eine Gestalttherapie durchlaufen, ohne
an etwas glauben zu müssen.
Gestattherapie –
nicht zu verwechseln mit Gestaltungstherapie oder
Kunsttherapie
In der Gestalttherapie können wir zwar an geeigneter Stelle Medien verwenden, um ein Gefühl oder einen Zusammenhang auszudrücken. Ob Sie in der Therapie z.B. malen hängt von Ihnen und Ihrem Interesse ab. In der Hauptsache findet die Gestalttherapie in Form von Gesprächen statt.
Gestalttherapie akzeptiert
schwule und lesbische KlientInnen
Während andere therapeutische Richtungen die Liebe zum eigenen Geschlecht noch immer als behandlungswürdige Störung betrachten, sehen Gestalttherapeuten in ihr einen individuellen Ausdruck der eigenen Sexualität.
» Gestalttherapeuten sind aktive Gesprächspartner
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» Gestalttherapeuten verzichtet auf Kategorisierungen
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» Wie „funktioniert“ Gestalttherapie?
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